Marionetten in den Händen, Muskelkater in den Armen: Nach einem Jahr Vorbereitung wisseen die sechs Spieler des Mainaschaffer Puppenschiff, welche Fäden sie ziehen müssen - und wer wann wen liebt in Shakespeares "Sommernachtstraum", der am kommenden Samstag im Mainaschaffer Theater in der Krone Premiere hat.

 

Marionetten der Liebe im Zauberwald
Mainaschaffer Puppenschiff zeigt "Sommernachtstraum" - Premiere am 12. Januar

Mainaschaff. Shakespeare hat gute Vorarbeit geleistet, lobt Puppenschiff-Chef Bernd Weber. Im »Sommernachtstraum« sei die Szenenfolge wie geschaffen für die Bühne des Mainaschaffer Marionettentheaters. Eine Herausforderung dagegen sind die zahlreichen Personen und Erzählebenen: 30 Liebende, Feen und Handwerker werden ordentlich durcheinandergewirbelt, bis die Verwirrungen gelöst und die Paare zusammengeführt sind. Am Samstag, 12. Januar, ist Premiere im Theater in der Krone.

Im Theater in der Krone herrscht derzeit das übliche Vorpremieren-Chaos, das nur für die Beteiligten ein System hat. »Wo ist Oberon?«, ruft einer von Webers Team aus 30 Mitarbeitern. »Bei Titania im Wald!«, schallt es aus dem Dunkel oberhalb der Bühne. Dort stehen für eine der letzten Proben die sechs Marionettenspieler bereit, um 30 Kunststoff- und Holzwesen für Shakespeares poetische Komödie zum Leben zu erwecken.

Nach einem Jahr Vorbereitung und mit Muskelkater in den Armen wissen die jugendlichen Helfer, welche Fäden sie ziehen müssen - und wer wann wen liebt: Hermia will Lysander, soll jedoch auf Befehl ihres Vaters Demetrius heiraten, den wiederum ihre Freundin Helena liebt. Das liebende Paar flieht, gefolgt von Demetrius und Helena, in den Wald vor den Toren Athens.

Im dortigen Reich der Feen und Elfen herrscht Aufruhr, denn Feenkönig Oberon und seine Gemahlin Titania haben sich entzweit. Um sie zu bestrafen, träufelt er ihr im Schlaf einen Zaubersaft in die Augen, der sie in Liebe zum ersten Wesen entbrennen lässt, das sie beim Erwachen erblickt. Auch befiehlt Oberon dem Kobold Puck, die inzwischen zerstrittenen Athener Liebenden mit demselben Saft wieder zueinander zu bringen. Puck jedoch verwechselt Demetrius und Lysander ...

Und noch eine dritte Gruppe ist in den Wald gekommen: Athener Handwerker, die eine Tragödie einstudieren wollen, um sie auf dem Hochzeitsfest des Herzogs Theseus aufzuführen. Puck setzt Zettel, dem Weber, einen Eselskopf auf - und in diese Ungestalt verliebt sich Titania.

Regisseur Bernd Weber und sein Team haben selbst an einer Übersetzung aus dem Jahr 1797 herumgebastelt, den Text behutsam in ein zeitgemäßes Deutsch umformuliert und im Studio aufgenommen für Weber »die Hauptarbeit«. Ganze Passagen hat das musikalische Marionettentheater in Lieder umgewandelt, die von Oboe, Geige, Cello, hauptsächlich aber von Flöte und Cembalo begleitet werden: ungewohnte Instrumente, die dennoch den typischen Puppenschiff-Klang herbeizaubern.

 

 

Vor allem eines wollte Weber mit Klang, Figuren und Bühnenbildern heraufbeschwören: Magie. Die Elfenszenen, die Traumwelt im Wald sollen einen Zauber entwickeln - und wer kann dafür besser sorgen als die zauberhaften Puppen? Alle samt sind sie nur für den »Sommernachtstraum« geschnitzt, geformt, bemalt und von Kostümbildnerin Susanne Albrecht angezogen worden.

»Die Kunst, die Poesie?! Die haben wir gleich - aber 100000 Handgriffe langen noch nicht für ein Stück.« Bernd Weber, der im doppelten Sinne die Kopf-Arbeit erledigt - er allein zeichnet die Gesichter-, räumt auf mit den verklärten Vorstellungen über die Puppentheater-Welt. Manch einer habe bei ihm schon die Kreativität gesucht und dann harte Arbeit gefunden lange blieben diese Ernüchterten nicht im Team.

Um so mehr weiß der Diesjährige Stockstädter die Arbeit seiner Mannschaft zu schätzen. Fünf verschiedene Bühnenbilder hat sie unter Anleitung von Wolfgang Trummer gemalt - darunter einen abstrakten, einen realistischen und einen mystischen Wald, 60 Schuhe oder Füße, 60 Hände musste sie gießen - wobei das anschließende Schleifen einer Hand mindestens drei Stunden dauert.

Die schönste Stelle halten die Zuschauer bestimmt für eine Idee des Puppenschiffs, ist sich Bernd Weber sicher - »dabei stammt der Text von Shakespeare«. Helena dreht sich im größten Liebeswirrwarr zu Hermia und beschimpft sie: »Du Mario nette!« Glaubwürdiger könnte an dieser Stelle kein Schauspieler sein. sw

Presserezension aus dem Main-Echo vom Samstag, 5. Januar 2002